Elena Agebo
Elena Agebo gewinnt mit „Die Muttersprache meiner Mutter” den LesArt.Preis 2023
Begründung der Jury
Die Muttersprache meiner Mutter
von Elena Agebo
Der Text Die Muttersprache meiner Mutter von Elena Agebo überzeugt durch sprachliche Souveränität und Vielschichtigkeit.
In drei kurzen Kapiteln schildert und reflektiert die Autorin schmerzhafte sprachliche Erfahrungen aus Vergangenheit und Gegenwart. Der genaue und vielschichtige Text ist ein kleiner, kluger Essay über kulturelle, sprachliche und körperliche Unterscheidungsmerkmale von Menschen am Beispiel von Äthiopien und Eritrea.
Doch enthält er in der Darstellung des Besonderen auch das Allgemeine. In einer wunderbaren Aufzählung der Sprecherinnen und Sprecher der Muttersprache ihrer Mutter und ihres Vaters wird der Verlust der Muttersprache der Autorin auf eindringliche und schmerzhafte Weise deutlich. Der ortsansässige native speaker muss sich eingestehen, dass er die Situation vieler seiner Mitbürgerinnen und Mitbürger so weder gesehen noch gedacht hat. – Wir müssen aufmerksamer füreinander werden. Denn Globalisierung, Migration, Vertreibung und Kriege mischen die Weltbevölkerung ganz unerwartet neu.
So wird dieser Essay auch zu einem Ort des Eingedenkens über sprachliche und kulturelle Verluste, der im Alltag weder bei der Arbeit noch in der Freizeit einen Raum findet.
Die Beschreibung der chinesischen Folter wird dem*der überraschten Leser*in am Ende des Textes zu einer eindringlichen Metapher des Verlustschmerzes.
Der Verlust der Muttersprache ist ein bleibender Schmerz, den aber die lebendige, gesprochene Sprache zu lindern vermag. Wir müssen sprechen. Unbedingt.
Und so ist es wundervoll an diesem Text zu sehen, dass die Synergien und Sympathien zwischen Elena Agebo und der deutschen Sprache so stark sind, dass die deutsche Sprache sie ganz fest in ihre Arme genommen und zärtlich gedrückt hat.
Herzlichen Glückwunsch im Namen der gesamten LesArt.Preis-Jury an Elena Agebo zum LesArt.Preis 2023!